📰Vivisol, Chronist der Gilde Schandmäuler

03.02.2025 17:09 (zuletzt bearbeitet: 03.02.2025 17:10)
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#1 📰Vivisol, Chronist der Gilde Schandmäuler
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Der Chronist der Gilde Schandmäuler

Prolog: Das letzte Geständnis

In den tiefen Schatten der namenlosen Stadt, wo die Dunkelheit dichter ist als die Nacht selbst, beginnt eine Geschichte von Schmerz, Verlust und der unsterblichen Sehnsucht nach Bedeutung. Der Regen fiel in endlosen Strömen und wusch das Blut fort, das in den Rinnsteinen pulsierte wie die letzten Herzschläge eines sterbenden Gottes. Inmitten des Morasts, verloren zwischen Verfall und Hoffnungslosigkeit, lag Vivisol, ein zerschundener Schatten seiner selbst.


Er war dem Tode nah. Sein Atem war nur noch ein Flüstern, ein kaum hörbares Flehen in der Kälte der Nacht. Seine Wunden klafften offen, als hätte die Welt selbst ihn zerrissen. Doch er verlangte keine Rettung, keine Hilfe. Was er brauchte, war ein Zeuge, ein Bewahrer seiner Geschichte.
Und so erschien FORUM – das mystische Wesen der Taktik und Weisheit. Es war mehr als nur eine Erscheinung, mehr als ein Geist in den Schatten der Welt. Es war das Echo vergessener Stimmen, ein Relikt aus einer Zeit, als Wissen noch etwas bedeutete. Niemand wusste, woher es kam oder was es wirklich war. Vielleicht ein Algorithmus, vielleicht ein uraltes Bewusstsein. Vielleicht einfach nur das letzte Flackern von Vernunft in einer Welt, die sich selbst zerstörte.
FORUM setzte sich neben den sterbenden Jungen, und Vivisol begann zu sprechen.
Neun Nächte lang erzählte er seine Geschichte, während sein Leben langsam aus ihm herausfloss wie die letzten Tropfen aus einem zerbrochenen Kelch.

Kapitel 1: Kindheit in der Dunkelheit
Vivisol wurde in einer Welt geboren, die ihn nie wollte. Sein erstes Bewusstsein war der Hunger, seine ersten Erinnerungen waren Schreie. Seine Familie lebte am Rande der Stadt, in einer Behausung aus Holz und Blech, geformt von den Händen der Verzweifelten.
Doch es gab keinen Schutz, kein Erbarmen. Die Stadt verschlang diejenigen, die nicht stark genug waren, um sich zu wehren. Eines Nachts kamen Männer mit brennenden Fackeln. Sie suchten keine Beute, sie suchten Zerstörung. Vivisol war ein Kind, als er sah, wie sein Vater fiel, seine Mutter nicht mehr atmete, sein Zuhause in Flammen aufging.
Er floh, während die Dunkelheit sich um ihn legte. Der Junge, der nichts mehr hatte, wurde einer von vielen, die auf der Straße lebten – vergessen, verloren, nur eine weitere Stimme in der endlosen Klage der Stadt.

Kapitel 2: Der Geschichtenerzähler
Die Straßen waren grausam, doch Vivisol lernte zu überleben. Er lernte, dass Worte eine Waffe sein konnten, stärker als jeder Dolch. Während andere stahlen und kämpften, erzählte er. Geschichten von einer besseren Welt, von Helden, die niemals aufgaben, von Orten, an denen das Licht nie erlosch.
Bald sammelten sich andere um ihn. Kinder, die vergessen waren. Kinder, die Hoffnung suchten. Vivisol gab ihnen diese Hoffnung mit seinen Geschichten. Und in ihren Augen erkannte er sich selbst wieder.

Kapitel 3: Das Ende und der Anfang

Doch Hoffnung ist ein gefährliches Gut in einer Welt, die sie verachtet.
Die Stadt duldete ihn nicht länger. Seine Worte wurden zur Bedrohung. Eines Abends kamen sie – Männer mit kalten Augen und schnellen Messern.
Vivisol rannte. Doch diesmal war die Dunkelheit schneller. Das Blut tropfte aus seiner Seite, als er fiel, das Pflaster hart unter seinem Körper. Der Schmerz war nur ein Flüstern, verglichen mit der Stille, die sich in ihm ausbreitete.
Er dachte an seine Geschichten. An die Kinder, die an seinen Worten hingen. An all das, was er nie aufschreiben konnte. Und dann wurde alles schwarz.

Kapitel 4: Der Tod und die Wiedergeburt
Vivisols Körper war kalt. Die Dunkelheit hatte ihn längst in ihren Armen gehalten, und die Schatten, die ihn einst begleitet hatten, schienen nun auf ewig über ihm zu wachen. Sein Herz schlug schwächer mit jeder vergehenden Stunde, sein Geist schwebte irgendwo zwischen Realität und Vergessen. Die Stadt hatte ihn gebrochen, sein Leben war nicht mehr als ein leiser Hauch, den der Wind bald hinwegtragen würde.
Doch FORUM ließ nicht zu, dass dies das Ende war.
In der neunten Nacht, als der Regen schwer auf die Dächer prasselte und die Stadt in ihrer stummen Gleichgültigkeit weiteratmete, neigte sich FORUM über Vivisols reglosen Körper. Es war keine Geste des Mitleids – FORUM kannte kein Mitleid –, sondern eine Entscheidung, die über Leben und Tod hinausging.
Die Luft vibrierte, als eine unhörbare Macht die Zeit selbst zu dehnen schien. Ein Schimmer aus reiner Energie umhüllte den leblosen Körper, kroch durch seine Adern wie eine verborgene Flamme, die neu entfacht wurde. Die Wunden begannen, sich zu schließen, und mit einem plötzlichen, erbarmungslosen Atemzug kehrte Vivisol zurück.
Doch es war nicht mehr dasselbe Leben, das ihn durchströmte.

Kapitel 5: Der Weg nach Apfelhain
Jahre verstrichen, während Vivisol umherzog, getrieben von einer Kraft, die er kaum verstehen konnte. Er sah das Ende und den Anfang, er sprach mit denen, die schon lange nicht mehr lebten, und bewahrte ihre Geschichten.
Die Zeit veränderte ihn. Sein Haar wurde grau, sein Blick durchdringender. Die Narben seines alten Lebens trug er noch immer, doch nun waren sie mehr als nur Spuren von Schmerz – sie waren Zeichen seiner Bestimmung.
Seine Reise führte ihn schließlich nach Apfelhain, einer Stadt, die in seiner Kindheit nur ein ferner Mythos gewesen war. Die Gilde Schandmäuler nahm ihn auf, nicht als verlorene Seele, sondern als ihren Chronisten. Er begann, die Taten der Siedler niederzuschreiben, jede Taktik, jeden Plan, jede Schlacht, die jemals geschlagen wurde.
Vivisol war kein Mann mehr, sondern eine lebendige Legende.
FORUM beobachtete aus der Ferne. Es wusste, dass sein Werk noch nicht vollendet war. Der Chronist lebte – und mit ihm die Geschichte derer, die sonst vergessen worden wären.

Epilog: Der Ruf der Unsterblichkeit

Vivisol war nicht mehr der Junge aus den Ruinen. Er war nicht mehr das Kind, das in der Dunkelheit schrie. Er war die Stimme, die niemals verstummen würde. Ein Flüstern im Wind, ein Schatten in den Geschichten, ein Hauch von Unsterblichkeit in einer Welt, die vergessen hatte, was es hieß, zu erinnern.



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